Die Nonnenwerther Franziskanerinnen haben zum Fest des Hl. Franziskus im Jahr 1996 ihre „Unternehmensphilosophie“ mit den franziskanischen Leitlinien veröffentlicht. Diese Leitlinien wurden von Interessierten aus allen Bundesländern in einer „Interfranziskanischen Arbeitsgemeinschaft“ entworfen und auch in einigen franziskanischen Schulen von Lehrern, Eltern und Schüler diskutiert und überarbeitet.

Eingerahmt von sechs biographischen Situationen aus dem Leben des Hl. Franziskus und Texten und Zitaten aus den Generalkonstitutionen der Ordensgemeinschaft, wurden Deutungen dieser biographischen Situationen des Hl. Franziskus für die Verwirklichung einer franziskanischen Lebensweise in der Welt von heute entwickelt.

Die sechs biographischen Situationen aus dem Leben des Hl. Franziskus waren dann 2019 auch handlungsleitend bei der Zusammenfassung der einzelnen Leitbilder der Einrichtungen der Angela von Cordier-Stiftung und den franziskanischen Leitlinien. Einige Stiftungsbeauftragte aus den Einrichtungen haben weiterführende Leitsätze für die Angela von Cordier-Stiftung entwickelt. Diese sollen als Schlüssel zum Leben und Orientierung für das Handeln innerhalb der Stiftung gelten.

In dieser Tradition können diese ausführenden Gedanken zu den Leitsätzen eine Hilfe sein, für die Seniorenhilfe St. Franziskus GmbH eine konkrete Umsetzung der ihnen enthaltenden Werte zur Profilbildung christlich-franziskanischer Einrichtungen in der stationären Altenhilfe fortzuschreiben und weiter zu entwickeln.

Leitsätze der Seniorenhilfe St. Franziskus GmbH

DER AUSSÄTZIGE - Handeln aus Lebenssituationen

Menschliches Leben besitzt eine unverlierbare Würde.
Achtsamkeit und Wertschätzung steht im Mittelpunkt jeder vorurteilsfreien Begegnung.
 

Wie oft begegnen wir in unserem Leben und Handeln Menschen! Manche sind uns sympathisch, andere rufen ein Unwohlsein in uns hervor. Auf manche Begegnung freuen wir uns und bei manchen Begegnungen wünschten wir uns, sie wären schon vorüber, bevor sie angefangen sind.

Jeder Mensch hat eine ihm je eigene Lebensgeschichte und Prägung.  Jeder Mensch wirkt aufgrund seiner aktuellen Befindlichkeit, seiner gesundheitlichen Verfassung und seiner Tagesform in verschiedenen Lebenssituationen mal so und mal ganz anders. Jede Situation in der Begegnung stattfindet, ist also geprägt von vielen Faktoren: bei mir selbst und beim Anderen. In unserem Leben und Handeln können wir uns die jeweils aktuellen Situationen nicht aussuchen. Sie geschehen. Doch wir können sie mitgestalten!

Unsere innere Haltung bestimmt den Verlauf einer Begegnung mit. Die Achtsamkeit und Wertschätzung, die wir dem anderen entgegenbringen, hat Auswirkungen auf die jeweilige Situation und Begegnung.

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… in jedem Menschen eine unverlierbare Würde zu entdecken.

… in jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu entdecken.

… jedem Menschen mit Achtsamkeit und Wertschätzung zu begegnen.

MÜNDIGKEIT - Neues Wertesystem

Beobachten, hinterfragen und auseinandersetzen als Einladung zur Eigen- und Mitverantwortung. 

Sehen, urteilen und Handeln! Beobachten, hinterfragen und auseinandersetzen! Wenn ich als mündiger Mensch meine Rolle in der Gesellschaft oder bei meiner Arbeit wahrnehmen will, kann es hilfreich sein diesem Dreischritt zu folgen. Es kann hilfreich sein, nicht einfach loszupoltern/loszustürmen, sondern genau hinzusehen. Die jeweilige Situation erfordert vielleicht ganz andere Lösungsansätze, als sie der erste Eindruck vermuten lässt. Besonnenheit, etwas Abstand und Reflexion helfen einen guten Zugang zu finden, um der eigentlichen Sache gerecht zu werden. Dies gilt für aktuelle Situationen genauso wie für etablierte Verhaltensmuster, Prozesse und Werte. Es lohnt sich diese immer wieder neu vor Augen zu führen und zu hinterfragen. Sind die eingeschlagenen Wege noch die Richtigen? Können wir unsere Ziele anders, besser erreichen?

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… eigenverantwortlich für unseren Verantwortungsbereich diese Fragen in den Blick zu nehmen.

… nicht nur in der Masse „mitzuschwimmen“, sondern Mitverantwortung für das große Ganze zu übernehmen.

… auf diese Weise mündig das Wertesystem mitzutragen und weiterzuentwickeln.

BAUSTELLE KIRCHE- Blick für das Nächstliegende

Gemeinsam bleiben wir Lernende – eine lebendige Verbesserung des Nächstliegenden
für die Gemeinschaft und die uns anvertrauten Menschen
.
 

Alles ist dem Wandel und der (Weiter-)Entwicklung unterworfen. Das gilt für uns als einzelnen Menschen, als Einrichtung genauso wie als Gesellschaft oder Kirche. Unsere Reaktion ist dabei oft zwischen einem sich verschließen vor Veränderungen, oder ins Gegenteil verkehrt ein Entwickeln von heeren Zielen, die sowieso Keiner realisieren kann, anzusiedeln.

Als Gemeinschaft verfügen wir über unterschiedlichste Talente und Fähigkeiten einzelner. Bringen wir diese Ressourcen zusammen und lernen wir voneinander und miteinander. Wenn uns dies gelingt, kann eine gute Weiterentwicklung in den verschiedenen Bereichen unseres Lebens und Handelns Gestalt annehmen. Je konkreter und nachvollziehbarer dieser Wandel ist, desto konkreter erfahrbar und lebendiger wird dies für die Gemeinschaft, für die uns anvertrauten Menschen und für jeden einzelnen von uns.

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… uns Veränderungen gegenüber nicht zu verschließen.

… nach Talenten und Fähigkeiten einzelner Ausschau zu halten und sie zu fördern.

… uns gemeinsam als Lernende auf den Weg zu machen, um Wandel und Entwicklung lebendig mitzugestalten.

DIALOG - Konfliktmanagemnet

Respektvoll und wertschätzend wollen wir unsere Standpunkte klären und Entscheidungen begründen.

Wo unterschiedliche Menschen zusammenleben oder arbeiten, gibt es auch verschiedene Sichtweisen und Meinungen. Für jeden Einzelnen ist dies für sich betrachtet kein Problem. Kommen aber unterschiedliche Positionen zusammen oder treffen aufeinander, dann kann sich hieraus ein Konflikt entwickeln – zwischen zwei Individuen, zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter, zwischen Einrichtung und Klient.

Unabhängig von der Lösungsmöglichkeit der jeweiligen Situation, ist das „wie“ im Umgang mit unterschiedlichen Positionen oft entscheidend, um eine Eskalation zu vermeiden. Transparenz in der Argumentation, Wertschätzung der jeweils anderen Position und ein respektvoller Umgang können auch schwierige Auseinandersetzungen zu einem guten Ende führen. Ein transparenter und guter Dialog kann sogar im Vorfeld Konflikte verhindern oder zumindest abmildern.

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… die Meinungen anderer Menschen, unabhängig von unserer Position, zu hören und   wertzuschätzen.

… unsere Meinung oder Position für das Gegenüber transparent und sachlich darzustellen.

… durch eine offene Kommunikation Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen.

NEUE SCHÖPFUNG - Ressourcenorientierter Umgang mit dem, was mir anvertraut ist

Wie Franziskus suchen wir nach den Spuren Gottes in der Schöpfung.
Der Verschwendung von Ressourcen, der Ausbeutung von Mensch und Natur und der Entwertung der Schöpfung treten wir entgegen.

Der fortschreitende Klimawandel führt uns vor Augen, wie zerbrechlich Gottes Schöpfung und damit unsere Welt ist. Die Auseinandersetzung mit dieser existentiellen Erfahrung kann uns als Menschheit im Kleinen, wie im Großen über verschiedene Grenzen hinweg zusammenwachsen lassen. Wir sind gefragt darüber nachzudenken, wie wir unseren Heimatplaneten den nachfolgenden Generationen überlassen wollen.

Dabei geht es nicht nur um die großen Fragen der Menschheit. Jede und jeder einzelne ist konkret gefragt, was sie/er zur Zukunft unserer Welt beitragen kann. Wir können und müssen uns gegen Verschwendung, Ausbeutung und Entwertung stellen. Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind zentrale Inhalte, die wir in unseren Einrichtungen, aber auch ganz persönlich, immer wieder neu in den Blick nehmen müssen. Wo das gelingt, können wir, wie Franziskus, Gottes Spuren in der Schöpfung und in unserem Leben entdecken. Wir können wie Franziskus eine neue Zukunft prägen.

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… aufmerksam in der Schöpfung und in unserem Leben Gottes Spuren zu entdecken.

… uns gegen das zu stellen, was uns und andere klein und krankmacht.

… unseren persönlichen Beitrag zum Frieden, zur Gerechtigkeit und zur Bewahrung unserer Schöpfung innerhalb unserer Einrichtungen und in unserem privaten Umfeld beizusteuern.

DANKSAGUNG - Ganzheitlichkeit - „Menschwerdung“

Feier der Menschwerdung und des Menschseins mit der Erkenntnis,
dass das Leben ein von Gott gegebenes Geschenk ist.

In einer Zeit, in der wir Menschen immer mehr glauben alles eigenständig im Griff zu haben, ist es umso wichtiger, zu bedenken, dass wir Menschen nicht allmächtig sind. Ja, es gibt in der Tat vieles, was dem menschlichen Geist und Erfindungsreichtum entspringt, aber längst nicht alles liegt in unserer Hand…

Vielleicht ist es hier hilfreich unsere christlich jüdischen Wurzeln in den Blick zu nehmen: Als Geschöpfe Gottes verdanken wir unser Menschsein einer größeren Macht. Wir sind eingebunden in ein großes Ganzes, das unseren Verstehenshorizont übersteigt. Dennoch kann es Momente geben in denen wir erahnen, das wir getragen und geliebt sind, von dieser Macht, die wir Gott nennen.

In solchen Momenten können wir dankbar sein für unsere Existenz, für unser Menschsein und für unsere ganz persönliche Entwicklung hin zu einer ganzheitlichen Menschwerdung. Wir können dankbar sein, dass uns in Jesus Christus eine Perspektive über den Tod hinaus geschenkt ist.

Wir sind eingeladen und herausgefordert…

… als Menschen unsere Möglichkeiten und Grenzen wahr- und anzunehmen.

… uns als Teil der ganzen Schöpfung zu begreifen.

… in Momenten der Stille, der Besinnung und des Gottesdienstes „Danke“ zu sagen für unser Menschsein und das Menschwerden Gottes in Jesus Christus.